Demokratieverständnis in Liechtenstein – unverständlich

Wenn es um demokratiepolitische Fragen geht, muten Debatten in Liechtenstein oft etwas grotesk an. Grosse Fragezeichen wirft vor allem der Umstand auf, dass viele Diskussionsteilnehmer*innen die Monarchie verteidigen, während sie sich gleichzeitig als Demokrat*innen verstanden wissen wollen. Besonders deutlich zum Ausdruck kommt dies bei den «Demokraten pro Liechtenstein»: In Art. 2 ihrer Statuten bezeichnen sie «die dualistische Staatsform mit zwei Souveränen, Fürst und Volk» als einen der Grundwerte für die politische Arbeit der Partei. Die «Demokraten», die sich gemäss ihrem Namen eigentlich dafür aussprechen dürften, dass die politische Herrschaft vom Volk ausgeht, bekennen sich dazu, dass ein Mensch aufgrund seiner Geburt mehr politische Rechte haben sollte als der Rest der Bevölkerung.

Welches Demokratieverständnis dem zugrunde liegt, ist schwer nachvollziehbar. Etwas deutlicher wird Harry Quaderer von den «Unabhängigen». Er hat sich in der Vergangenheit öfters gegen Frauenquoten ausgesprochen, unter anderem im «hoi du» vom 1. Februar 2019, da eine solche nach seiner Überzeugung «zutiefst gegen demokratische Grundsätze verstösst». Die Aufteilung in zwei Wahlkreise, die auch als regionale Quote umschrieben werden kann, ist demgegenüber nach seiner Auffassung demokratisch, weil diese «vom Volk gewollt» ist. Hin und her gerissen zwischen einer auf Prinzipien basierenden Sichtweise und einem Demokratieverständnis im Sinne von «die Mehrheit bestimmt» – also einer Sichtweise, die sich nur auf dieses eine Prinzip stützt –, entscheidet er sich für die Mehrheit.

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Etikette und Anstand, Respekt und politische Korrektheit – weshalb man Arschloch sein aber niemanden als solches bezeichnen darf

Regeln darüber, wie Menschen miteinander umzugehen haben, lassen sich idealerweise gemäss ihrer Universalität ordnen. Viele Regeln sind bekanntermassen kulturabhängig. Beispielsweise unterscheiden sich Begrüssungsregeln von einer sozialen Gruppe zur nächsten oder von einer Ethnie zur anderen. Viele Regeln, welche es zu befolgen gilt, sind reine Konvention oder mit anderen Worten willkürlich. In vielen Fällen ist nur schwer zu begründen, weshalb eine andere Verhaltensweise als die sogenannt «anständige» geächtet oder anders negativ sanktioniert werden sollte. Die Behauptung, etwas gehöre sich nicht, ist keine Begründung. Im schlimmsten Fall dient Etikette dazu, soziale Unterschiede sichtbar zu machen und möglicherweise damit sogar soziale Ausgrenzung oder Benachteiligung zu rechtfertigen. Bei manchen Benimmregeln ist schwer zu ergründen, welche andere Funktion diese Regeln haben könnten. (Beispielsweise ist die Funktion von verschiedenen Kleiderordnungen, insbesondere Business-Dress, zu signalisieren, dass man angepasst ist.)

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