Die Kritik an der herrschenden Rationalität – benannt als Neoliberalismus oder Kapitalismus – scheint fast so hegemonial wie das Kritisierte selbst. Eine Verteidigung des Kapitalismus, wie sie in Zeiten des kalten Krieges in Form eines marktwirtschaftlichen Fundaments noch formuliert wurde, erschöpft sich gegenwärtig scheinbar in der herbeigeredeten «Alternativlosigkeit». Die Verteidigung wurde aufgegeben zugunsten einer umhinterfragten Realität, an die sich das Individuum anzupassen hat: Die Ratgeberliteratur, die nicht predigt, was richtig ist, sondern sich darauf beschränkt zu vermitteln, wie man damit klarkommt.
«Der Kapitalismus ist tot. Es lebe der Kapitalismus!» – Stiftung Zukunft.li im Trllemma zwischen Kapitalismuskritik, Hoffnung und Apologetik
Die Studie «Wirtschaftswachstum – Trilemma zwischen Wachstum, Umwelt und Lebensqualität» der Stiftung Zukunft.li (Ruggell, 2022) mag als Basis für die Weiterentwicklung der Wirtschaftspolitik Liechtensteins nicht zu überzeugen. Vor allem lässt die Studie entscheidende Aspekte bezüglich Umwelt aus, was die Fragestellung in eine Richtung lenkt, die am Kern der Herausforderung vorbei geht. Das ist besonders deshalb bemerkenswert, da für verschiedene Aspekte, die kaum Mehrwert bilden oder deren Ergebnisse letztlich nicht berücksichtigt werden, viel Aufwand betrieben wurde.
Operation erfolgreich, Patient tot – der blinde Fleck der Klimastrategie 2050 der liechtensteinischen Regierung
Mit der Klimastrategie 2050 erreicht die Regierung ihr Ziel, den Berichterstattungspflichten gemäss Art. 4 des Pariser Klimaübereinkommesn nachzukommen. Und sie erledigt ihre Aufgabe, die Lösung der grössten Herausforderung für die Menschheit nach unten an die einzelnen Menschen, die Humankapitalisten, weiterzureichen – so wie sie von der multilateralen Ebene auf die Nationalstaaten weitergereicht worden ist.
Wie wenig Erfolg von dieser Klimastrategie zu erwarten ist, zeigt sich insbesondere am Unterkapitel Sensibilisieren der Bevölkerung und der Wirtschaft im Kapitel Querschnittsfelder. Wenn nach über 30 Jahren Klimaschutzbemühungen – der Zusammenhang zwischen menschlichem Handeln und Erderwärmung wurde spätestens Ende der 1980er Jahre hinreichend nachgewiesen, weshalb 1992 die erste Klimakonferenz stattfand – die Bevölkerung und die Wirtschaft noch nicht über das entsprechende Wissen bezüglich Klimaschutz und Nachhaltigkeit verfügen, von dem gemäss Regierung der Erfolg dieser Klimastrategie wesentlich abhängt, dann fragt sich, worin dieses Wissen bestehen soll.
Jason Brennan: Gegen Demokratie – Warum wir die Politik nicht den Unvernünftigen überlassen sollten
In seiner Monographie «Gegen Demokratie – Warum wir die Politik nicht den Unvernünftigen überlassen sollten» (auf Deutsch erschienen bei Ullstein, Berlin 2017; die in Klammern gesetzten Seitenangaben beziehen sich auf diese Ausgabe) beschäftigt sich Jason Brennan mit den Problemen der real existierenden Demokratien und präsentiert dazu einen Gegenvorschlag, der sich an epistokratischen Elementen orientiert. Wie andere Werke, die sich an einer fundamentalen Neuausrichtung anstatt einer Verbesserung versuchen, ist auch in diesem Fall die Kritik am Bestehenden überzeugender als der Gegenentwurf, der in diesem Fall auch eher einigen Skizzen als einem tatsächlichen Entwurf gleicht. Zudem weist die umfangreiche Kritik einige Mängel auf. Je nach Konkretisierungsgrad reichen Aussagen von Brennan von fragwürdig bis eindeutig falsch.
Demokratieverständnis in Liechtenstein – unverständlich
Wenn es um demokratiepolitische Fragen geht, muten Debatten in Liechtenstein oft etwas grotesk an. Grosse Fragezeichen wirft vor allem der Umstand auf, dass viele Diskussionsteilnehmer*innen die Monarchie verteidigen, während sie sich gleichzeitig als Demokrat*innen verstanden wissen wollen. Besonders deutlich zum Ausdruck kommt dies bei den «Demokraten pro Liechtenstein»: In Art. 2 ihrer Statuten bezeichnen sie «die dualistische Staatsform mit zwei Souveränen, Fürst und Volk» als einen der Grundwerte für die politische Arbeit der Partei. Die «Demokraten», die sich gemäss ihrem Namen eigentlich dafür aussprechen dürften, dass die politische Herrschaft vom Volk ausgeht, bekennen sich dazu, dass ein Mensch aufgrund seiner Geburt mehr politische Rechte haben sollte als der Rest der Bevölkerung.
Welches Demokratieverständnis dem zugrunde liegt, ist schwer nachvollziehbar. Etwas deutlicher wird Harry Quaderer von den «Unabhängigen». Er hat sich in der Vergangenheit öfters gegen Frauenquoten ausgesprochen, unter anderem im «hoi du» vom 1. Februar 2019, da eine solche nach seiner Überzeugung «zutiefst gegen demokratische Grundsätze verstösst». Die Aufteilung in zwei Wahlkreise, die auch als regionale Quote umschrieben werden kann, ist demgegenüber nach seiner Auffassung demokratisch, weil diese «vom Volk gewollt» ist. Hin und her gerissen zwischen einer auf Prinzipien basierenden Sichtweise und einem Demokratieverständnis im Sinne von «die Mehrheit bestimmt» – also einer Sichtweise, die sich nur auf dieses eine Prinzip stützt –, entscheidet er sich für die Mehrheit.
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Etikette und Anstand, Respekt und politische Korrektheit – weshalb man Arschloch sein aber niemanden als solches bezeichnen darf
Autorität statt Argument – der Imperialismus der «Avengers»
«Unterschreiben wir, geben wir das Recht auf freie Entscheidung auf. Was, wenn die uns irgendwo hinschicken, wo wir nicht wollen? Oder wir wollen irgendwo hin und die lassen uns nicht? Wir würden zwar nicht perfekt sein, aber auf uns können wir uns wenigstens verlassen», sagt «Captain America», mit bürgerlichem Namen Steve Rogers, in der deutschen Synchronfassung von «The First Avenger: Civil War». Debattiert wird bei den «Avengers» – einer Gruppe Superhelden, die schon mehrmals die Welt gerettet hat –, ob sie ein Abkommen der Vereinten Nationen unterzeichnen sollen. Über den Inhalt des Abkommens ist nur bekannt, dass die «Avengers» zukünftig unter Aufsicht eines UN-Gremiums operieren sollen. Aus dem Zusammenhang wird klar, dass die Antwort auf die zweite Frage von Captain America lauten würde, dass sich die «Avengers», wenn sie ohne Genehmigung des UN-Gremiums bei einer Operation Gesetze verletzten, dafür (strafrechtlich) zur Verantwortung gezogen würden. Die erste Frage bleibt unbeantwortet, auch wenn das vorliegende Abkommen sehr umfangreich zu sein scheint und entsprechend die Frage kaum offen bleiben dürfte.
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Weshalb Klimapolitik tatsächlich wirtschaftsfeindlich ist – Ein Kommunikationsvorschlag
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Eigenverantwortung und Klimaschutz – eine Begriffsklärung
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